Freitag, 15. August 2008

Hertie und kein Ende …? - Management von Spezialimmobilien in schwierigen Zeiten -

Mit der Mutation der Immobilie vom manifesten, fast „statischen“, jedenfalls auf Langfristigkeit angelegten Vermögensgegenstand zur „kapitalmarktnahen Handelsware“ haben sich die Anforderungen an das Real Estate Management gravierend geändert. Wenn es vor Jahren und Jahrzehnten – vornehmlich in den 50er, 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts – primär um die Bewirtschaftung der Immobilien unter dem Fokus Substanzsicherung und -verbesserung mit dem Ziel der Ausschöpfung quasi „naturgegebener“ Wertsteigerungspotentiale getrieben durch die allgemeine Wirtschaftsentwicklung ging, so ist heute überall „Segeln hart am Wind“ angesagt. Dies gilt insbesondere dort, wo das Immobilieninvestment wirtschaftlich betrachtet quasi Unternehmensinvestment entweder in Gestalt des Erwerbs von Immobilien haltenden Gesellschaften, deren Wirtschaftsgrundlage die Immobilien sind, oder in Form des Investments in Immobilien, die faktisch der Kern unternehmerischer Aktivitäten in dem Sinne sind, als dass sie unmittelbar vom Erfolg oder Misserfolg des Betriebs des Unternehmens abhängig sind, ist. In Immobilienkategorien gesprochen betrifft dies die klassischen Betreiberimmobilien, wie z. B. Hotels, Freizeitobjekte (Multiplex-Kinos, Urban - Entertainement-Center (UEC) u.ä.) etc., insbesondere aber auch Immobilien, die auf das Betriebskonzept eines spezifischen Unternehmens zugeschnitten und insofern im wahrsten Sinne des Wortes speziell sind und damit eine Spezialimmobilie darstellen. Diese umfassten in traditioneller Terminologie Fabrikationsanlagen, Stadien, Infrastrukturobjekte und ähnliches. Letzere fallen häufig in die Kategorie der sog. betriebsnotwendigen Immobilien, die als Produktionsmittel fungieren, wo die Verquickung von „Immobilie“ und dem sie nutzenden Unternehmen keiner weiteren Erläuterung bedarf. Daß hierunter mittlerweile auch Warenhäuser fallen, wie jüngste Entwicklungen deutlich machen, ist ungewohnt, jedoch liegt auch hier die Risikolage auf der Hand. Verschärft wird die Situation und damit die Anforderungen an das strategische und operative Management derartiger Immobilien dann, wenn sie im Zuge von vorangegangenen Transaktionen mit hohen Ausläufen refinanziert worden sind oder wenn die Transaktions- und Finanzierungsstruktur anfällig für die Veränderung steuerlicher Rahmenbedingungen, z.B. wie im Fall der nur noch hälftigen Anrechenbarkeit von Zinsaufwendungen, ist. Ganz krass ist die Situation dann, wenn die Immobilienrendite nahezu allein durch die Transaktions- und Finanzierungsstruktur erreicht wird. Wird dann die „betriebswirtschaftliche Luft“ für den Investor dünner, so steigen quasi wie im System kommunizierender Röhren die Anforderungen an den Assetmanager, sei es den Internen oder den Externen in Person eines professionellen Dienstleisters. Assetmanagement muss dann erst recht dem Verständnis gerecht werden, sich nicht auf die Immobilienverwaltung zu beschränken, sondern die Situation der konkreten Immobilie bzw. des ggfls. in Cluster differenzierten Immobilienbestandes betriebswirtschaftlich so zu optimieren, dass die Wirtschaftlichkeitserwartungen des Investors, sei es privater Einzelinvestor, Fonds oder Immobilien-AG, befriedigt werden.

Im Falle der hier im Fokus stehenden „Spezialimmobilien“ werden dabei diese Herausforderungen dadurch gekennzeichnet, dass das Assetmanagement letztlich im Kern weniger Immobilienmanagement als viel mehr Unternehmensmanagement ist: Hier geht es um das „Unternehmen Immobilie“, dessen Wirtschaftlichkeit neben den immobilienspezifischen Einflussfaktoren insbesondere von den werttreibenden oder wertvernichtenden Kompetenzen, unternehmerische Fähigkeiten und Talenten des Nutzers / Betreibers abhängig ist. Relevant ist Folgendes:

 die nutzungs- und nutzerspezifische bauliche Konzeption der Immobilie an sich

 eine hohe (un-)mittelbare Abhängigkeit der Wirtschaftlichkeit von der Nachfrage von „atomisierten“ Endkunden

 eine große Sensibilität des Investments in Hinblick auf Produktzyklen

 die hohe Influenzierung der Immobilie sowohl in der Investitions- wie
auch in der Betriebsphase durch Veränderungen rechtlicher
Rahmenbedingungen mit möglichen Auswirkungen auf Investor wie
Betreiber - isoliert oder konsekutiv

und last not least

 die „Schicksalsgemeinschaft von Investor und Betreiber” in Hinblick
auf die Erfüllung der Renditeerwartungen des Investors, ungeachtet
der Ausgestaltung deren rechtlichen Verhältnisses (Pacht,
Management oder Mischformen).

Der Investor trägt also nicht nur das Immobilienrisiko, sondern auch ein gut Stück „Betreiberrisiko“. Assetmanagement hat vor diesem Hintergrund in entscheidendem Maß den Fokus auf den Betreiber zu legen, wobei vier Aspekte permanent zu monitoren sind:

 die strategische Gesamtausrichtung des Betreiberunternehmens (nicht der operativen Betriebsgesellschaft, sondern des Gesamtunternehmens!) im Markt allgemein und speziell in Bezug auf die Betriebsimmobilie (Standortsicherheit / -konkurrenz!)

 die Wirtschaftlichkeitsentwicklung des Gesamtunternehmens inklusive der strategischen und bonitätsmäßigen Entwicklung etwaiger Sicherheitengeber (Patronatserklärungen, Bürgschaften etc.)

 das operative doing im örtlichen Betrieb, seiner Wirtschaftlichkeit (betriebliche
 Kennzahlen) einschließlich – wo relevant – der Positionierung (z.B. Marktsituation, Risiken aus der Betriebsausrichtung)

 die Einhaltung vertraglicher „Immobilienpflichten“ (Wartung, Instandhaltung etc.pp.)

Dieses Verständnis von Assetmanagement erfordert nicht nur ausgeprägtes „Immobilienverständnis“, sondern vielmehr die dezidierte Beschäftigung mit dem Unternehmen, der spezifischen Branche in ihren die Gesamtwirtschaftlichkeit bestimmenden relevante Einflussfaktoren (Markt, gesetzliche, insbesondere steuerliche Rahmenbedingungen, strategische Ausrichtung, Managementkompetenz im eigentlichen Sinne) wie aber auch das Monitoring des lokalen Operations – Geschehens, Unternehmens- und Marktbeobachtung und ständige Kommunikation mit dem Nutzer. Zudem ist ein auf die konkreten Gegebenheiten abgestimmtes zeitnahes Berichtswesen, z.B. bei Hotels mindestens quartärliche Auswertungen der relevanten Operations - Kennzahlen und permanentes Benchmarking, geboten, um kritische Entwicklungen im Betrieb, die Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der Immobilien haben können, zu erkennen und – gegebenenfalls kooperativ – mit dem Nutzer Gegenstrategien zu erarbeiten oder andere Optionen (z.B. Drittverpachtung bei gegebener Drittverwendbarkeit) ausloten und ergreifen zu können. Voraussetzung hierfür ist, nicht nur das entsprechende Controllinginstrumentarium, sondern ganz wesentlich eine entsprechende Gestaltung des Immobiliennutzungsverhältnisses, also der Verträge, die derartiges im Interesse des Eigentümers und Assetmanagers ermöglichen müssen. Insofern werden natürlich die Weichen nicht in der Managementphase, sondern in der Transaktionsphase, also bei der Gestaltung der Nutzungsverhältnisse, gestellt. Ein Sich - Verlassen auf Verkäufergewährleistungen, -garantien etc. aus der Aquisitionsphase reicht schon aus der Betrachtung der Dimension „Zeit“ nicht aus.

Erfolgreiches Assetmanagement setzt insofern beim Assetmanager neben der Immobilienkompetenz wesentlich mehr übergreifende Kompetenzen voraus, maßgeblich betriebswirtschaftliches Know - How in Bezug auf die für die Immobilienwirtschaftlichkeit relevanten Wirtschaftsbereiche wie aber auch juristische Kompetenz im Hinblick auf das Vertragsmanagement. Unabdingbar ist dabei, dass diese Kompetenzen „spezifisch“ sind. Ist der relevante Sachverstand beim Assetmanager nicht intern gegeben, was wegen der Vielfalt der Spezialimmobilien keinerlei „Makel“ ist, so ist die Zuziehung externer Spezialkompetenz unabdingbar und aus Sicht des Assetmanagers auch betriebwirtschaftlich sinnvoll. Dies gilt nicht zuletzt aus dem Gesichtspunkt des internen Risikomanagements beim Assetmanager selbst vor dem Hintergrund, dass mit zunehmend dünner Luft im Hinblick auf Margen, Renditen und Wertsteigerungspotenziale „Feinjustierung“ statt „Grobmotorik“ angesagt ist. Mit der stärkeren Individualisierung der Branchen, im Zuge der Situation, dass bereits geringe Erschütterungen „Dominoeffekte“ in Bezug auf die Immobilie auslösen können und selbst ein „Ersatzbetreiber“ in derartigen Situationen kaum ohne Beeinträchtigung der Immobilienwirtschaftlichkeit (Miet- und Pachthöhen, Vertragstypen, Umbauten!) zu gewinnen ist, wird es mehr und mehr wichtig, prospektiv zu handeln. Insofern wird auch die Wettbewerbssituation der professionellen Assetmanager und ihre Marktpositionierung zukünftig immer mehr dadurch bestimmt werden, ob sie nicht nur das eigentliche Immobiliengeschäft, sondern auch das immobilienbezogene Geschäft des Nutzers entweder selbst oder durch die Einbindung von spezialisierten Kooperationspartner beherrschen. Nur so wird es dem Assetmanager in den besagten „schwierigen Zeiten“ gelingen, die Wirtschaftlichkeitszielsetzungen des Investors zu erreichen und damit auch den Erfolg des eigenen Unternehmens zu sichern.

Dr. Lutz H. Michel MRICS